Nun dauert die Krise schon eine Weile an und so langsam fällt es uns immer schwerer, auch positive Seiten des Ganzen zu sehen. Immer mehr wird nun über „häusliche Gewalt“ geredet, und das Zusammenleben auf engstem Raum und die wenigen Ausweichmöglichkeiten sorgen zunehmend für Konflikte. Ein Grund mehr, sich mit diesem Thema zu befassen.
Als Sozialpädagogin war es mein Alltag, sich mit Konflikten zu befassen. Wenn es nicht bereits um das Lösen bestehender Konflikte ging, arbeitete ich mit Schülern und Pädagogen daran, Konflikte schon im Vorfeld zu vermeiden. Das mache ich größtenteils immer noch.
Bewährt hat sich hier vor allem die „Gewaltfreie Kommunikation“ nach Marshall B. Rosenberg. Sie ist aus meiner Sicht ein MUSS, wenn man sich mit dem Thema „Gelingende und wertschätzende Kommunikation“ beschäftigt. Ein Hauptaugenmerk liegt hier auf dem Erkennen und Würdigen eigener und fremder BEDÜRFNISSE. Unsere Gefühle entstehen durch unbefriedigte oder befriedigte Bedürfnisse. Gute Gefühle entstehen z. B., wenn unser Bedürfnis nach Nähe, Anerkennung, Ruhe, Geborgenheit oder Bewegung erfüllt ist, schlechte entstehen z. B., wenn unser Bedürfnis nach Schutz, Sicherheit, Ruhe oder Nähe NICHT erfüllt ist.
Um also die negativen Gefühle unserer Kinder, Freunde oder Partner zu verstehen und damit gelassener umzugehen, sollten wir versuchen zu erkennen, was sie gerade brauchen, damit es ihnen besser geht. Die Frage: „Was brauchst du jetzt?“ hat mich früher irritiert, inzwischen gehört sie zu meinem normalen Sprachgebrauch dazu und… sie ist wirklich zielführend!!! Die Reaktion des Gegenübers ist oft ein kurzes Innehalten, ein Nachspüren nach dem, was man gerade bräuchte und eine Bewusstwerdung eigener Bedürfnisse. Erst wenn man selbst weiß, was man braucht, wenn man weiß, was der andere braucht, kann dem nachgegangen werden und man kann etwas TUN. Man nimmt sich die Auszeit, wenn man Ruhe braucht. Man läuft kurz um den Block, wenn man Bewegung braucht. Man spielt zusammen, wenn man die Gemeinsamkeit braucht.
Hören wir also auch in diesem stressigen Alltag öfter in uns und unsere Kinder oder Partner hinein und fragen uns oder sie, was gerade gebraucht wird, damit es uns allen in der Krise ein wenig besser geht. Und: Es ist ein kleiner aber feiner Unterschied zu fragen „Was willst du?“ oder „Was brauchst du?“ Sie werden es merken! Probieren Sie es aus!