Sie wollen, dass die Katze bellt?

In meiner Arbeit bin ich immer wieder mit DER einen Frage konfrontiert worden…“Wie kann ich das Verhalten von XY verändern?“ Und tatsächlich las ich kürzlich auf einer Sozialen Plattform einen Artikel darüber, wie man das Verhalten eines anderen verändern könne. Aktiv verändern!

Das klingt für mich sehr nach Manipulation und dieser Manipulation begegnet man beim Thema „Kommunikation“ immer wieder. Ganz sicher führen wir Veränderungen bei uns und anderen herbei, beeinflussen den anderen in irgendeiner Art und Weise durch unser Verhalten und das ist ja auch gewünscht, damit das Leben leichter, die Konflikte weniger werden. Was für mich aber das A und O ist, ist, dass wir uns zum einen unserer Verantwortung (gerade im Coaching oder der Beratung) bewusst sind und hinter jeder „GesprächsTECHNIK“ auch die entsprechende Haltung stimmt.

Ich kenne genug Leute aus meinen Seminaren, die wissen wollten, wie man z. B. die „nervigen Mitarbeiter“ endlich auf Kurs bringt oder die Schülerschaft überlistet, in dem man sich z. B. die Struktur der gewaltfreien Kommunikation anTRAINIERT. Das ist natürlich nicht gerade vielversprechend und kann nur nach hinten losgehen. Deshalb beginne ich meine Seminare meistens damit zu erläutern, welche Haltung ich meinen Inhalten zugrunde lege, nämlich die der Humanistischen Psychologie. Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch das Potential hat, sich selbst zu verändern und selbstwirksam ist. Deswegen geht es in der Beratung ja auch darum (wie beim Thema Lösungen beschrieben), keine fertigen allgemeingültigen Lösungen zu präsentieren, sondern die Menschen mit den entsprechenden Fragen dabei zu unterstützen, eigene Lösungen zu finden.

Natürlich verstehe ich den Impuls, dass man den anderen gerne in bestimmter Hinsicht verändern will. Ich habe auch häufiger mit Verhaltensweisen anderer gehadert und hätte alles dafür gegeben, wenn ich einen Zauberstab gehabt hätte. (Das steckt ja auch ein bisschen in der Natur einer Pädagogin…) Eigentlich ist es nämlich so: Wir wollen, dass die Katze bellt. Ja, manches Verhalten gehört so zur Persönlichkeit des anderen, dass dieser Mensch ein ganz und gar anderer wäre, wenn er das Verhalten ablegen würde. Und das wollen wir ja eigentlich nicht, oder doch?

Eine Freundin von mir redet zum Beispiel wie ein Wasserfall, ist überaus kommunikativ und fröhlich und (ich sage extra nicht ABER…) schafft es einfach nicht bis zum Ende zuzuhören. Sie stellt viele Fragen und es ist ihr auch ganz wichtig, zu zeigen, dass sie sich für einen interessiert. Leider ist sie dabei so euphorisch, dass sie dazu neigt, die Sätze der anderen bzw. MEINE Sätze zu beenden. Das führt manchmal zu merkwürdigen Situationen. Ein Dialog-Beispiel:

 

Ich:                 Das war interessant gestern. Ich…

Freundin:      Ach ja, du hast ja gestern den Termin beim Arzt gehabt.

Ich:                 Ja, das meine ich aber nicht. Also ich war da doch gestern…

Freundin:       Ach ja, du wolltest dich doch mit Micha zum Shoppen treffen.

Ich:                 Ja, das meine ich aber auch nicht, ich…

Freundin:      Ach Mensch, ja klar, ihr wart doch bei der Party…

Ich:                 Das meinte ich aber auch nicht. Egal! Ich weiß jetzt selber nicht mehr, was ich erzählen wollte.

 

Ich bin nach Treffen mit ihr manchmal wirklich genervt und sauer, aber inzwischen weiß ich… man kann einen anderen Menschen nicht verändern. Man kann nur seine eigene Haltung zu der betreffenden Person verändern, dann hat man auch kein Problem mehr.

Ich könnte meiner Freundin z. B. ganz gelassen bei ihren „Gesprächsvorschlägen“ zuhören und mit Spannung darauf warten, ob sie meinen Gedanken errät. Das wäre ein lustiges Spiel, das gute Laune macht. Ich könnte ihr auch einfach nichts mehr erzählen, wenn sie mich nicht zuvor explizit danach gefragt hat. Sie fragt, ich antworte, dann ist allen klar, worum es geht. Vielleicht würde diese Art der Kommunikation ihr bald keinen Spaß mehr machen und sie mich von sich aus auffordern, doch mal etwas zu erzählen. Vielleicht würde sie daraufhin ihr Verhalten sogar verändern und dieses „Sätze-beenden“ einstellen. Selbst wenn sie nichts verändern würde, käme ich mit meiner inneren Haltung wenigstens zur Ruhe und ärgerte mich nicht mehr darüber.

Ich weiß, ich habe die Macht und das Recht nicht, sie zu verändern, dafür zu sorgen, dass die Katze bellt… Ich kann mich aber schützen und meine innere Haltung und Einstellung zu ihrem Verhalten verändern. Manchmal ist es ja auch wirklich ganz komisch. Oder aber, wenn es ganz schwierig wird, kann ich mich immer noch zurückziehen. Auch das kann natürlich eine Option sein. Ich muss ein Verhalten, das mich schädigt oder beeinträchtigt natürlich nicht tolerieren. Wenn mich jemand z. B. den ganzen Tag anbrüllen würde, würde ich vermutlich nicht sagen…“Der ist halt so!“ Dann ziehe ich mich vielleicht lieber zurück und das kann natürlich auch dazu führen, dass sich etwas verändert. Also, lassen wir die Katze miauen…