Oft werden wir nach Lösungen für ein Problem gefragt. Manche Probleme sind in unseren Augen gar keine und die Lösungen liegen auf der Hand. Das tun wir dann auch kund. Ist doch ganz EINFACH!!! Nur eines bedenken wir dabei nicht, nämlich, dass wir da gerade UNSERE Lösungen darbieten. Wir schlagen Dinge vor, die WIR in unserem Leben bevorzugt tun, die UNS am sinnvollsten erscheinen und die sich für UNS (und vielleicht auch viele andere Leute) ganz einfach realisieren lassen… für UNS und nicht automatisch für unser Gegenüber mit dem Problem.
Wenn die Probleminhaber dann auch noch alle Lösungsvorschläge ablehnen und nichts davon umsetzen, sind wir manchmal enttäuscht und nehmen es gar persönlich. Es ist nachvollziehbar, verärgert zu reagieren, wenn man sich intensiv mit dem Problem eines anderen herumschlägt, einen Fächer von Lösungsmöglichkeiten präsentiert und der Betroffene dann anfängt, das berühmte „Ja, aber – Spiel“ zu spielen. Dennoch sollten wir uns bewusst machen, dass es Gründe dafür gibt, warum all diese Lösungen verworfen und nicht einfach umgesetzt werden. Gründe, die wir nicht kennen und vielleicht sogar der Betroffene selbst nicht.
Ich habe das in meiner Arbeit als Schulsozialarbeiterin sehr oft erlebt. Wenn Eltern mit einem Problem zu den Lehrkräften kamen oder die Lehrer ihrerseits auf ein vermeintliches Problem in der Familie stießen, hörten sie sich an, was die Eltern bewegte, verstanden das Problem und ZACK, da war die Lösung! Genauso wurde dann auch beraten. „Na dann stehen Sie doch EINFACH immer eine halbe Stunde früher auf…“, „Na dann lesen Sie doch EINFACH immer 15 Minuten mit ihr in einem Buch…“, „Na dann schmieren Sie ihr doch EINFACH morgens ein paar Brote…“ usw.
Ja, tatsächlich könnte man davon ausgehen, dass es kein Problem sein sollte, dass es also EINFACH ist, diese Lösungen für kleinere Probleme wie Zuspätkommen oder Leseschwierigkeiten selber zu finden und entsprechend umzusetzen. Leider ist dies in der Realität nicht für jeden so EINFACH und wir können es eben NICHT erwarten. Die Lehrkräfte damals ärgerten sich sehr darüber, wenn Eltern ihre Vor- und Ratschläge nicht umsetzten. Aus irgendeinem Grund funktionierte die Beratung auf diese Weise nicht und deshalb war es wichtig, anders anzusetzen.
Aber wie genau? Was können wir tun, wenn wir von Freunden, Kollegen oder Verwandten um Lösungen für ein Problem gebeten werden? Anstatt fertige Lösungen zu präsentieren, macht es mehr Sinn, gute Fragen zu stellen, die dazu führen, dass unser Gegenüber EIGENEN Lösungen entwickeln kann. Für Berater und Beraterinnen ist das eine wichtige Erkenntnis und (hoffentlich) selbstverständlich geworden. Die WARUM-Frage oder WARUM-NICHT-Frage verbietet sich allerdings, wie ich unlängst in meinem Beitrag zum Thema „Verhör“ umfangreich beschrieben habe. „Warum stehen Sie nicht eher auf?“, „Warum lesen Sie nicht einfach ein bisschen mit ihr?“ Sie verstehen, was ich meine…ein Verhör! Besser ist es zu fragen, welche Möglichkeiten der andere für SICH SELBER sieht und realisierbar findet, was ihn daran hindert, etwas umzusetzen, was er braucht oder welche Befürchtungen er hat, wenn es um die Umsetzung einer Lösungsmöglichkeit geht. So hat er die Möglichkeit zu reflektieren und wieder Verantwortung für sein Handeln oder seine Entscheidung zu übernehmen. Stellen Sie sich vor, Ihre Lösung führt zu nichts oder sogar ins Chaos… wer ist dann dafür wohl verantwortlich? Genau! Sie!
Abgesehen davon, dass es wirksamer ist und mehr Erfolg verspricht, ist es auch sehr entlastend zu verstehen, dass wir nicht die Probleme der anderen zu unseren eigenen machen müssen und trotzdem helfen und unterstützen können, indem wir einfach „richtig“ fragen und darauf vertrauen, dass der andere seine eigene Lösung findet.