Sie kennen das … In unserem Leben, besonders in unserer Kindheit und Jugend, sind wir mit einer Vielzahl von Sätzen konfrontiert worden, die uns besonders geprägt haben, uns Werte vermittelt haben oder wie gut gemeinte Ratschläge unser Leben durchziehen und an die wir glauben. In der Therapie und im Coaching redet man von GLAUBENSSÄTZEN, die mal ganz persönlich auf jemanden zugeschnitten sein können oder aber als eine Art Sprichwort daherkommen. Sie begleiten uns, prägen uns, fördern uns oder aber, sie behindern uns in unserer Entwicklung, unserer Selbstverwirklichung und Entfaltung. So gibt es Sätze wie: „Geld macht nicht glücklich.“ „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!“ oder „Du kannst nicht singen!“ „Eigenlob stinkt!“ „Nimm dich nicht so wichtig!“ und „Ein Junge weint nicht!“ …
Sicherlich würden viele Menschen so manch einen Spruch oder ein Sprichwort unterstreichen, und für viele sind dort auch wichtige Wertvorstellungen enthalten. Was Glaubenssätze in unserem Leben betrifft, zeichnen sie sich aber dadurch aus, dass wir sie gar nicht mehr HINTERFRAGEN. Wir glauben daran, ohne uns ganz intensiv damit auseinandergesetzt zu haben. Es ist, so meinen wir, ALLGEMEINGÜLTIG. Bis wir plötzlich auf jemanden treffen, der sie hinterfragt und für den sie nicht gelten. Oft verstehen wir das noch, wenn unser Gegenüber einen anderen kulturellen Hintergrund hat. Dann ist es ja irgendwie klar, glauben wir. Aber was, wenn er ein sehr ähnliches Leben führt wie wir, aber völlig andere Glaubenssätze hat. Das verwirrt einerseits, aber macht uns auch sensibler in der Auseinandersetzung mit uns selbst. Wer sagt uns, welches die richtigen Werte sind?
Gerade im therapeutischen oder beratenden Setting werden Glaubenssätze noch einmal gründlich durchstöbert. Tun sie uns gut oder behindern sie uns in irgendeiner Art und Weise…? Es lohnt sich, einmal für sich selbst schriftlich festzuhalten, welche Sätze in der Familie kursierten, ohne dass diese hinterfragt worden sind. Und welchen Einfluss hatten sie wohl auf unser Leben? Dabei ist es nicht hilfreich, nachträglichen Groll zu hegen gegen Familienmitglieder oder die Gesellschaft. Die Dinge waren, wie sie waren, die Zeiten und Wertvorstellungen wandeln sich.
So erinnere ich mich gut daran, dass eine Mitschülerin mir einmal in mein Poesiealbum (die Älteren unter uns erinnern sich…(-; ) den Spruch schrieb:
„Sei wie das Veilchen im Mose, bescheiden, sittsam und rein und nicht wie die stolze Rose,
die immer bewundert will sein.“
Schon als 10-Jährige machte mich dieser Spruch skeptisch, sah ich ihn doch als versteckte Kritik an meiner Person an. Außerdem wollte ich nicht so ein langweiliges sittsames Ding sein, was auch immer das hieß… und auf manches in meinem jungen Leben war ich durchaus stolz. Damals war das nicht wirklich erwünscht. Und außerdem meinten wieder andere, ich sei ein durchaus nettes und soziales Mädchen gewesen, was aber eben auch mal gerne im Mittelpunkt stand. So war´s…
Heute wird in sämtlichen Coachings und Ratgebern mit aller Macht daran gearbeitet, Menschen das nötige Selbstvertrauen und Selbstwertgefühlt wiederzugeben. So ändern sich die Werte. Damals war es nicht angesagt, seine Stärken, Kompetenzen und guten Eigenschaften besonders herauszustellen. Daher der Spruch: „Eigenlob stinkt!“ Heute wiederum scheint sich alles nur noch darum zu drehen. Wer bin ich? Was kann ich? Was habe ich zu bieten?
Dieser Umkehrung des Ganzen stehe ich nun allerdings auch wieder skeptisch gegenüber. Diese Ich-Fokussierung gerade in den Sozialen Medien finde ich manchmal merkwürdig. Aber ich freue mich trotzdem, wenn gerade Frauen selbstbewusst auftreten, ihren Weg trotz vieler Hürden gehen und gerade im beruflichen Setting sagen können: Eigenlob stimmt!Ich freue mich besonders über jede Frau, die sich durchkämpft, sich etwas zutraut, Dinge wagt und aus der Menge heraustritt, denn gerade bei Frauen habe ich das Gefühl, deren Glaubenssätze unterscheiden sich doch sehr von denen vieler Männer und behindern sie eher, als dass sie sie fördern. Also: Ran an die Glaubenssätze und…aussortieren!